Was wird unter Dyskalkulie oder Legasthenie verstanden?

Von Dyskalkulie und Legasthenie spricht man, wenn Kinder, welche sonst als intelligent, kreativ und aufgeweckt gelten, in der Schule plötzlich mit dem Rechnen oder Schreiben und Lesen Probleme bekommen.

Verursacht werden die Probleme durch so genannte „differente Sinneswahrnehmungen“(1). Das bedeutet, dass die einzelnen Wahrnehmungsbereiche (hören, sehen sowie Raum- und Körperwahrnehmungen) im Gehirn anders verarbeitet werden. Auswirken kann sich diese besondere Verarbeitungsform der Sinne sowohl im Bereich Schreiben und Lesen als auch im Bereich Rechnen. Leider ist auch eine Kombination beider Bereiche möglich.

 

„Legasthene/dyskalkule Menschen sind weder lernschwach noch lerngestört, sondern sie haben lediglich eine andere Informationsverarbeitung und eine damit verbundene andere Lernfähigkeit“(2). Von der Umgebung werden solche Kinder und Erwachsene häufig als dumm oder faul bezeichnet. Dabei nimmt der Mensch die Fehler, welche er macht, nicht wahr.

 

Die Ursache der Fehler sind also meist wahrnehmungsbedingt oder eine, für diese Menschen typische, zeitweise Unaufmerksamkeit, welche allerdings den Betroffenen selbst nicht oder kaum bewusst ist. Diese Unaufmerksamkeit bewirkt, dass die Betroffenen sich nur mit größtem Energieaufwand auf die für sie schwierige Tätigkeit konzentrieren können. Deshalb können Sie - wenn auch nur kurzzeitig - durchaus bessere Leistungen abrufen. Unruhe und vermehrte Aktivität und/oder Unaufmerksamkeit sind, wenn sie nur im Zusammenhang mit rechnen oder schreiben auftreten also kein Zeichen von AD(H)S, sondern deuten eher auf Dyskalkulie oder Legasthenie hin.

 

Die Ursache der beschriebenen Probleme ist genetisch bedingt (betroffene Chromosomen sind 15 und 6(3)). Ca. 15% der Weltbevölkerung haben diese Form der Informationsverarbeitung, wobei Ursache und Wirkung gleich sind. Nur die Symptome zeigen sich einmal im mathematischen und ein anderes Mal im sprachlichen Bereich. Bei einigen Menschen sind sogar beide Bereiche betroffen. Alle benötigen eine, auf ihre Wahrnehmungsweise abgestimmte Form des Trainings.

Eine wichtige Unterscheidung ist die, zwischen LRS (Lese- Rechtschreib-Schwäche) und Rechenschwäche und einer „echten“ Dyskalkulie oder Legasthenie. LRS und Rechenschwächen sind durch äußere Ereignisse (wie z.B. verpasster Schulstoff, schwierige Familiensituationen wie zum Beispiel der Tod eines Angehörigen und psychische Ursachen) eingetretene Schwierigkeiten im Bereich Mathematik oder Deutsch. Hier kann ein Symptomtraining, also das pure Üben von Rechtschreibung, Grammatik und Rechenregeln eine Verbesserung des Zustandes auf längere Sicht bewirken. Bei einer Dyskalkulie oder Legasthenie reichen diese Übungen nicht aus. Ein Training im Bereich der Sinneswahrnehmungen und der Konzentrationsfokussierung ist unerlässlich. Leider können häufig nur ausgebildete Dyskalkulie- und Legasthenietrainer den Unterschied zwischen Rechenschwäche und Dyskalkulie oder LRS und Legasthenie bestimmen.

Häufig haben Kinder und betroffene Erwachsene einen langen Leidensweg hinter sich, welcher nicht selten zu Sekundärformen der Dyskalkulie und Legasthenie führen. Dies bedeutet, dass die Betroffenen zusätzliche psychische und teilweise auch körperliche Symptome zeigen, welche auf den Stress, den Druck und das andauernde Missverstandenwerden zurückzuführen ist.
In einer erschreckend großen Zahl leiden diese Menschen an einem verminderten Selbstwertgefühl und Angstzuständen welche – zumindest anfänglich - auf die schulischen Tätigkeiten bezogen sind. In einem solchen Fall sind natürlich auch Ärzte und Psychologen zu konsultieren.

1 Studienmaterial Fernstudium zum diplomierten Dyskalkulietrainer des EÖDL Modul 3 S. 95

2 Studienmaterial Fernstudium zum diplomierten Dyskalkulietrainer des EÖDL Modul 3 S. 95

3 Vgl. hierzu: Kopp-Duller 2000: Legasthenie-Training nach der AFS Methode. KLL-Verlag, Klagenfurt S. 19